Die Kosmetikbranche rund um das omnipräsente Bio-Boomthema ist derzeit auf einem ungebremsten Siegeszug. Die Werbung dazu ist allgegenwärtig, zudem fordern Magazine und Zeitungen penetrant moralisches Umdenken und ökologische Nachhaltigkeit. Doch was ist wirklich drin in den Dosen und Tuben der Naturkosmetik-Produkte?
Die unter dem hippen Namen Grüne Kosmetik vertriebenen Bio-Produkte jedoch haben nicht immer drin, was drauf steht. Vor allem viele der pseudo-natürlichen Mittel der erst kürzlich auf dem Bildschirm erschienener Bio-Kosmetikhersteller enthalten mehr Inhaltsstoffe, die auch in konventionellen Non-Bio-Produkten zu finden sind, als nachhaltige, natürliche Ingredienzen. Und das, obwohl „vor allem die Aspekte Natürlichkeit, Nachhaltigkeit und Gesundheit bei den Kunden einen wichtige Rolle spielen“, so Elfriede Dambacher, Herausgeberin des quartalsweise erscheinenden „Naturkosmetik Branchenmonitors“.
Natürlichkeit und Bio-Überzeugung neuer Hersteller fragwürdig
Längst sind nicht nur die Nachhaltigkeit predigenden Naturkosmetik-Vorreiter wie Dr. Hauschka und Weleda im Bio-Sortiment der Parfümerien und Drogeriemärkte zu finden. Seit nicht allzu langer Zeit sprießen mehr oder weniger auf Natürlichkeit bedachte Naturkosmetik-Produzenten wie Pilze aus dem Boden. Wirft man einen Blick auf die INCI-Listen (International Nomenclature Cosmetic Ingredients), entdeckt man schnell einen klaffenden Unterschied zwischen den alteingesessenen Pionieren und den jüngeren Mitspielern.
Während in der Rosencreme von Dr. Hauschka immerhin hauptsächlich biologisches Aprikosenkernöl enthalten ist, ist beispielsweise in der Anti-Aging-Creme der Trendmarke Korres vor allem chemisches Feuchthaltemittel zu finden. Dennoch sind beide unter dem Überbegriff „Natur“ im Handel zu finden. Wie kann das sein?
Der Hauptgrund dafür ist das Versäumnis, den Begriff der Naturkosmetik klar zu definieren. Auch eine verbindliche, gesetzliche Regelung ist derzeit noch nicht vorhanden. Hinzu kommt, dass sich die Branche der Bio-Kosmetik aufteilt in „Naturkosmetik“ und „naturnahe Kosmetik“. Und wie es Schlupflöcher und Grauzonen so an sich haben: Hier versammeln sich eine Vielzahl von Trendmarken, deren Produkte mehr mit konventioneller Kosmetik zu tun haben als mit natürlichen Inhaltsstoffen und Nachhaltigkeit.
Zum Thema Naturkosmetik: Tierversuche, Gesundheit, Siegel und Co
Zwar kann man Naturkosmetik „am einfachsten am Siegel“ erkennen, so Rita Stiens, Autorin des Buches „Die Wahrheit über Kosmetik“. Leider gibt es jedoch eine Schwemme an Siegeln. Allerdings kann man bei zertifizierten Produkten immerhin davon ausgehen, dass die meisten der enthaltenen Inhaltsstoffe tatsächlich natürlichen Ursprungs sind. Fette, Öle, Wachse sowie Duft- und Farbstoffe dürfen so also mit einigen wenigen Ausnahmen nur aus mineralischen, pflanzlichen und eingeschränkt tierischen Rohmaterialien bestehen. Auch Tierversuche und radioaktive Bestrahlung ist hier untersagt. Und hier endet die Verbotsliste auch schon.
In der Praxis werden jedoch selbst die natürlichen Inhaltsstoffe oftmals noch ausgeschlachtet und verarbeitet, um aus weniger Echtem mehr Ertrag erwirtschaften zu können. So werden zum Beispiel Naturöle chemisch gespalten, um Fettalkohole beizumengen und weichere Texturen zu erhalten. Auch die von Dermatologen verteufelten ätherischen Öle sind durchaus in Naturkosmetik-Mitteln zu finden. Besonders diejenigen aus Pfefferminze, Pinie, Melisse, Eichenmoos und Ceylon-Zimt können Allergien hervorrufen, so Experten.
Grundsätzlich verbieten alle Richtlinien für Naturkosmetik für eine Zertifizierung jegliche Art von Tierversuchen. Jedoch können Hersteller, die beispielsweise nach China exportieren, diese Vorgabe umgehen, da ihre Produkte dann schlichtweg im Ausland an Tieren getestet werden. Viele Anbieter haben dieses Gauklerspiel mit dem Verbraucher aber beendet und beliefern diese Länder kaum noch oder gar nicht mehr, seitdem die Medien über diesen Usus berichteten.
Für Moral-bewusste und interessierte Naturkosmetik-Käufer hat die Peta-Homepage „Kosmetik-ohne-Tierversuche“ eine Liste aller Unternehmen zusammengestellt, die eine schriftliche Einverständniserklärung an den Tierschutzverein abgegeben haben, weltweit vollkommen auf Tierversuche zu verzichten – sowohl eigeninitiiert, als auch im Auftrag.