Verfassungswidrig: PKV-Unisex-Tarife für Bestandskunden

Ab dem 21. Dezember muss die Private Krankenversicherung (PKV) ihre Angebote für Neukunden auf die sogenannten Unisex-Tarife umstellen. Dabei wird nicht mehr zwischen den Geschlechtern in Bezug auf die Beitragsbemessung differenziert.

Gedankenspiele einiger PKV-Anbieter, auch ihre Bestandskunden auf die Unisex-Tarife umzustellen, sind dagegen vom Tisch. Verantwortlich ist dafür ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Dr. Josef Isensee, das einen solchen Schritt für verfassungswidrighält.

Das Rechtsgutachten über die Unisex-Tarife im Detail

Bestandskunden dürften nicht in die Unisex-Tarife aufgenommen werden, so das Gutachten. Dieser Schritt würde einen Eingriff in deren Vertragsfreiheit, Eigentumsfreiheit, Handlungsfreiheit und Freiheit der Berufsausübung bedeuten. Ein solch scharfer Eingriff, so das Gutachten des Juristen weiter, sei nur zu rechtfertigen, wenn dafür ein übergeordnetes Interesse vorläge. Dieses gäbe es jedoch im Fall der Bestandskunden und der Unisex-Tarife derPKV nicht. Deshalb sollten die Bestandskunden weiterhin in ihren alten Tarifen verbleiben, weil andere Handlungen gegen das Grundgesetz verstoßen würden.

Unisex-Tarife: EU bestätigt Rechtsgutachten

Das Rechtsgutachten und alle Gedankenspiele der PKV in Richtung der geschlechtsneutralenTarife waren notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 1. März 2011 geurteilt hatte, dass die derzeitige Bemessung der Beiträge nach Geschlechtern gegen europäisches Recht verstoße (Anti-Diskriminierungsrichtlinie). Die Continental, die auch das Gutachten von Isensee in Auftrag gegeben hatte, erkundigte sich deshalb schon frühzeitig bei der EU-Kommission, ob die neuen Regeln bezüglich der Unisex-Tarife auch für die Bestandskunden der PKV gelten würden. Die Brüsseler Behörde verneinte dies.

Die Versicherungen, die sich dafür eingesetzt hatten, die neuen Unisex-Tarife auch für ihre Bestandskunden einzuführen, taten dies vor allem mit dem Hinweis auf kalkulatorische Risiken und mögliche Wettbewerbsverzerrungen. Diese Haltung ist durch das Gutachten jedoch vorläufig vom Tisch.

Fraglich ist jedoch, ob an dieser Stelle nicht EU-Recht und Bundesrecht kollidieren könnten. Denn der EuGH hatte in seinem Urteil über die Unisex-Tarife eigentlich nicht nur von Neukunden, sondern von allen Kunden der PKV gesprochen.