Strom aus Solaranlagen und Windparks ist umweltfreundlich, aber er fließt unregelmäßig. Manchmal gibt es zu wenig, manchmal viel zu viel davon. Das Power-to-Gas Konzept wandelt ihn in den gut speicherbaren Energieträger Gas um. Die innovative Technologie kommt schon zum Einsatz, sie ist nur leider noch nicht effizient genug.
Was ist Power-to-Gas?
Die manchmal auch als PtG oder P2G bezeichnete Technologie wandelt in einem chemischen Prozess den Strom aus den erneuerbaren Energien in sogenanntes EE-Gas um. Zum Einsatz kommt dabei Wasserelektrolyse, teilweise ist eine Methanisierung nachgeschaltet. Das entstehende Brenngas kann sofort ins öffentliche Gasnetz eingespeist oder auch in Kavernenspeichern als Vorrat gehalten werden. Inzwischen gibt es auch Konzepte, mit denen das Gas für Motoren genutzt wird. Der saisonale Langfristspeicher weist allerdings niedrigere Wirkungsgrade auf als die unmittelbare Nutzung des Stroms oder auch des erzeugten Brenngases. Hier liegt bislang noch das Problem. Experten gehen davon aus, dass P2G sich rechnet, wenn erneuerbare Energien einen Anteil ab mindestens 60 % im gesamten Strommix erreichen. Selbst bei diesem Anteil wäre die Effizienz vorerst wohl nur für das Verkehrswesen gegeben. Da erneuerbare Energien in Deutschland bislang nur ein reichliches Viertel im gesamten Strommix ausmachen (1. Quartal 2015: 27,8 %), kann Power-to-Gas zwar schon eingesetzt werden, jedoch lohnt sich die aufwendige Technik bestenfalls bei Flexibilisierungsmaßnahmen im Energiesystem. Diese können durch Wärmepumpenheizungen, Smart Grids und Batterie-Speicherkraftwerke realisiert werden.
Studie zu Power-to-Gas
Eine jüngere PtG-Studie untersuchte die Verteilnetze im Emsland. Wirtschaftlich ist die Technologie demnach noch nicht. Es sei aber möglich, so die Autoren, den umstrittenen Ausbau der deutschen Stromnetze etwas kleiner zu halten, wenn Power-to-Gas häufiger eingesetzt würde. Das größte Potenzial für die P2G-Energie sehen die Forscher aktuell im Einsatz des erzeugten Gases als Treibstoff für Kraftfahrzeuge. Es sei dennoch nötig, die Investitionskosten deutlich zu reduzieren und Anlagen mit wesentlich höherer Lebensdauer zu errichten. Die Studie gaben der DVGW (Deutscher Verein Gas- und Wasserfach), die RWTH Aachen und die Bergische Universität Wuppertal in Auftrag.
P2G-Pilotprojekte: Gas für Audi-Fahrzeuge
Es gibt rund 20 deutsche PtG-Pilotprojekte, einige sind im Emsland angesiedelt: In Werlte produziert eine der größten dieser Anlagen Gas für Audi-Fahrzeuge. Der Automobilhersteller gewinnt mithilfe des Stroms aus Windkraftanlagen Methan, das den Treibstoff für den gasbetriebenen Audi A3 g-tron abgibt. Auch eine Biogasanlage ist angeschlossen. RWE wird am 17. August 2015 in Ibbenbüren bei Osnabrück eine PtG-Anlage in Betrieb nehmen. Auch hier wird Windstrom zum Einsatz kommen, der über Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Diesen Wasserstoff will RWE dem eigenen Erdgas beimengen und damit indirekt Windenergie speichern. Für dieses Projekt laufen schon länger Werbespots.
Belastung durch EEG-Umlage
Die PtG-Technologie ist aufwendig und teuer, RWE äußerte sich bislang nicht zu den Investitionen. Auch Audi sucht nach technischen Wegen, den Wirkungsgrad der Anlage in Werlte deutlich zu erhöhen. Ein finanz- oder energiepolitisches Erschwernis kommt hinzu: Diese Projekte werden durch die EEG-Umlage belastet. Die Unternehmen versuchten, eine Änderung zu erreichen, konnten sich aber gegen die geltenden Gesetze noch nicht durchsetzen. RWE äußert sich zu den mit dem Projekt verbundenen Ambitionen eher verhalten. Eine Unternehmenssprecherin sagte im Juli 2015, man wolle lediglich die P2G-Technik erproben, um sie zur wirtschaftlichen Reife zu entwickeln.
Historische Entwicklung von Power-to-Gas
Die Ideen zu dieser Technik sind fast 200 Jahre alt. Schon 1840 schlug der belgische Wissenschaftler Nollet vor, mit Windenergie auf elektrolytischem Weg Wasserstoff zu erzeugen und ihn anschließend als Energieträger zu verwenden. Hierüber existieren nur vage Quellenangaben, ein ausgefeiltes Konzept wurde erstmals 1868 publiziert. 1895 nahm der Däne Poul la Cour eine Windkraftanlage plus Elektrolyseur in Betrieb. Er konnte damit Knallgas für die Beleuchtung einer Schule liefern. Im 20. Jahrhundert wurde die Idee im Rahmen der Abkehr von konventionellen Energien oder auch der Atomwirtschaft immer bedeutsamer, doch erst im frühen 21. Jahrhundert – ab 2009 – wandte man sich einem anderen Gas als Energieträger zu: Methan lässt sich kostengünstiger als Wasserstoff erzeugen und verwerten. Die dena (Deutsche Energie-Agentur) hat ab 2011 eine Strategieplattform zu “Power to Gas” aufgebaut. In den dortigen Publikationen wird darauf verwiesen, dass die bestehenden Gasnetze für die Speicherung von derart erzeugtem Gas schon jetzt gut gerüstet seien, zudem würden sie permanent ausgebaut. Deutschland verfügt über 47 Erdgasspeicher und 450.000 Kilometer Gasleitungen, darin haben jetzt schon 23,5 Milliarden Kubikmeter Gas Platz. Dieses Platzangebot wird praktisch nie durch konventionelles Erdgas ausgeschöpft. Bis 2025 dürfte sich die Kapazität auf 32,5 Milliarden Kubikmeter erhöhen.
Welche Zukunft hat PtG?
Die Energiewende, an der im Grunde kein Staat der Welt vorbeikommt, wird zu immer mehr regenerativer, aber im Angebot stark schwankender Energie führen. Die Speicherung durch Akkus wäre um ein Vielfaches teurer als die durch Gas – wenn das Gas nur flexibel gelagert und verwertet werden kann. Grundlastkraftwerke könnten ab einem Anteil über 50 % von erneuerbaren Energien nicht mehr für den Ausgleich sorgen. Daher erwarten Experten einen vergleichsweise zügigen Ausbau der Power-to-Gas Technologie, in die künftig mehr Forschungs- und Fördergelder fließen sollten. Das ist das Fazit der Studie aus dem Emsland.