Die Verbraucherzentrale NRW erzielt einen Triumpf vor dem BGH. Gaskunden von RWE dürfen wegen unzulässiger Klauseln Rückzahlungen erwarten.
Wenn Kunden überhöhte Preise für Gas gezahlt haben, können sie nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) jetzt eine Rückzahlung verlangen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte in dieser Frage gegen den Versorger RWE geklagt.
In der Substanz geht es darum, dass RWE in Sonderverträge Preisänderungsklauseln eingefügt hatte, ohne diese hinreichend zu begründen. Das sei unzulässig, entschied der Bundesgerichtshof im Juli 2013.
Hunderttausende haben zu viel für Gas bezahlt
Das branchenbedeutsame Urteil dürfte Hunderttausende Kunden – und nicht nur diejenigen vor RWE – betreffen. Denn die Preisänderungsklauseln stehen in vielen Versorgungsverträgen.
Sie beinhalten lediglich, dass die Kunden rechtzeitig über eine Preiserhöhung informiert werden und dann ein Sonderkündigungsrecht haben. Das hatte im März 2013 schon der EuGH (Europäischer Gerichtshof) moniert.
Eine derartige Änderung genüge nicht, hatten die obersten europäischen Richter in einer Vorabentscheidung befunden. Vielmehr müsse einem Verbraucher schon bei Vertragsabschluss klar sein, warum sich Preise gegebenenfalls ändern könnten.
Diese Vorabentscheidung setzte nun der Bundesgerichtshof in seinem Urteil gegen RWE um. Die Verbraucherzentrale NRW hatte für 25 RWE-Sonderkunden eine Sammel- und Musterklage eingereicht, der Streitwert betrug 16.000,- €.
Nach dem Urteil erklärte der oberste NRW-Verbraucherschützer Klaus Müller, die Unternehmen sollten lieber freiwillig auf Rückzahlung setzen, statt auf massenhafte Widerspruchsschreiben und eine Klagewelle zu warten.
Urteil ohne Zeitbegrenzung
Das Urteil des Bundesgerichtshofes birgt eine so hohe Sprengkraft, dass sich sogar die Bundesregierung einschaltete. Denn die Richter hatten es abgelehnt, eine rückwirkende Zeitbegrenzung in ihren Urteilsspruch einzubauen.
Das bedeutet, die Kunden können für ihr Gas möglicherweise Rückzahlungen auf Jahre verlangen. Die Bundesregierung hatte sich eine Zeitbegrenzung gewünscht, ansonsten drohen den Versorgern Rückzahlungen in Milliardenhöhe, wenn wirklich das Gros der betroffenen Verbraucher seine Ansprüche geltend machen würde.
Der Bundesgerichtshof entschied indes, dass es die Zeitbegrenzung nicht gäbe. Vielmehr seien Forderungen rechtens, wenn sie bis drei Jahre nach Erhalt der Jahresrechnung per Widerspruch angemeldet würden.
Einige Kunden hatten schon vor Jahren begonnen, ihren Rechnungen für Strom und Gas zu widersprechen, denn der Streit schwelt seit einiger Zeit. Praktisch können sämtliche Kunden ihre Rechnungen für Gas, Wasser und Abwasser, Strom und möglicherweise weitere Versorgungsdienstleistungen (etwa Müll für Eigenheimbesitzer) auf entsprechende Klauseln durchforsten und dann per Widerspruch eine Rückzahlung verlangen.
Zumindest für Gas betrifft das nach Ermittlungen der Verbraucherzentralen 70 % der deutschen Verbraucher.