Versicherungen: BGH kippt verbraucherfeindliche Regelungen

Wer seine Renten- oder Kapitallebensversicherung vorzeitig gekündigt hat, musste in der Vergangenheit hohe finanzielle Einbußen einstecken. Doch ein Urteil des BGH könnte dies in Zukunft ändern.

Eine Person hält ihre Hände auf, eine zweite Person legt ihr mehrere Hundert-Euroscheine hinein

Wer beim Deutschen Ring zwischen den Jahren 2002 und 2007 seine Renten- oder Kapitallebens-versicherung vorzeitig gekündigt hat, kann sich demnächst auf einen wahren Geldsegen einstellen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 25.7.2012 einige Vertragsklauseln zur vorzeitigen Kündigung von privaten Renten- und Kapitallebensversicherungen gekippt und die Verbraucher, die bei einem vorzeitigen Vertragsausstieg bislang mit hohen Kosten rechnen mussten, gestärkt.

Die für ungültig erklärten Vertragsregelungen betreffen Klauseln von Renten- und Kapitallebensversicherungen, die den Rückkaufswert, die Abschlusskostenverrechnung sowie den Stornoabzug regeln. Bei einer frühzeitigen Vertragskündigung oder Beitragsfreistellung mussten Verbraucher hohe Einbußen durch diese zusätzlichen Kosten hinnehmen und bekamen nach wenigen Jahren Vertragslaufzeit oftmals nicht die vorher eingezahlten Versicherungsbeiträge zurück.

Der BGH hat jetzt entschieden, dass diese Vertragsregelungen von privaten Renten- und Kapitallebensversicherungen den Versicherungsnehmer in einem unangemessenen Maße benachteiligen. Die Verbraucherzentrale Hamburg war in dem Verfahren vor dem BGH als Klägerin gegen den Deutschen Ring, einem Anbieter von Renten- und Kapitallebensversicherungen, aufgetreten.

Die Verbraucherschützer haben für Kunden, die sich bei diesem Versicherungsunternehmen zwischen 2001 und Ende 2006 im Rahmen einer Kapitallebensversicherung oder fondgebundenen bzw. klassischen Rentenversicherung versichert und die Verträge mittlerweile gekündigt oder beitragsfrei gestellt haben, einen höheren Rückkaufswert erstritten.

Auch Kunden anderer Versicherer vom Urteil betroffen

Die Verbraucherzentrale Hamburg geht davon aus, dass vom jüngsten BGH-Urteil nicht nur der Deutsche Ring, sondern auch weitere Versicherungsgesellschaften für Kapitallebensversicherungen betroffen sind, da die gekippten Vertragsklauseln im entsprechendem Zeitraum branchenüblich waren.

Der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) vermutet, dass das Urteil des BGHs Verträge von privaten Renten- und Kapitallebensversicherungen aus den Jahren 2001 bis 2007 tangiere, wobei die genauen Kosten, die auf die Versicherer zukommen werden, erst nach Vorliegen der Urteilsbegründung eingeschätzt werden können.

Kosten in Höhe von 12 Milliarden Euro könnten auf die Versicherer zukommen

Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg spricht von einer „Signalwirkung für die gesamte Branche“ und schätzt die auf die Versicherungsbranche zukommenden Kosten auf insgesamt 12 Milliarden Euro. Ferner legte die Verbraucherzentrale den Anbietern von Renten- und Kapitallebensversicherungen nahe, die zustehenden Beiträge von sich aus und ohne Anmeldung von Ansprüchen seitens der Versicherungsnehmer zurückzuzahlen. Vom Urteil betroffenen Versicherungsnehmern wird von der Verbraucherzentrale empfohlen, frühzeitig ihre Ansprüche zur Rückerstattung der Kosten geltend zu machen.