Erstmalig zahlen Anleger bei Staatsanleihen drauf – obwohl diese eigentlich rentabel und sicher sind. Aufgrund der hohen Nachfrage ist die Verzinsung in einen negativen Bereich gefallen.
Aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage nach Staatsanleihen europäischer Kernländer, die im Gegensatz zu krisengeschüttelten Peripherieländern wie Spanien oder Italien als sichere Staaten gelten, fallen die Zinsen für diese Papiere unter Null. Sparer, die auf ausfallsichere Papiere wie Staatsanleihen Deutschlands, der Schweiz oder Dänemarks setzen, müssen eine Negativverzinsung hinnehmen.
Zu Beginn der Woche rentierten dreijährige deutsche Staatsanleihen erstmalig im negativen Bereich, wobei bei minus 0,022 % die niedrigste Marke eingestellt wurde. Zweijährige Bundesanleihen konnten bereits drei Handelstage hintereinander mit einer Negativverzinsung verkauft werden und erzielten eine historische Tiefstmarke von minus 0,06 %.
Eine noch höhere Negativverzinsung müssen Sparer bei dänischen und Schweizer Anleihen akzeptieren. Während zweijährige dänische Staatsanleihen mit einer Rendite von minus 0,32 % auktioniert werden konnten, rentierten Schweizer Bundesanleihen bei minus 0,44 %.
Die Mechanismen hinter dieser Entwicklung
Angesichts der Euro-Krise streben die großen Geldmarktakteure nach ausfallsicheren Anlagemöglichkeiten wie Staatsanleihen solider Staaten. Entsprechend sprunghaft ist die Nachfrage angestiegen, die den Kurs der Staatsanleihen so weit über den am Ende an den Gläubiger zurückzuzahlenden Nennwert klettern lässt, dass trotz Verzinsung eine negative Rendite entsteht.
Verstärkt wurde dieser Trend Anfang Juli durch die Nullzinspolitik für Übernachteinlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB), wodurch Großanleger sowie Geldinstitute, die durch die neueste Leitzinssenkung überdies gut mit liquiden Mitteln ausgestattet sind, auf Geldmarktpapiere und kurzfristige ausfallsichere Staatsanleihen ausgewichen sind. Dadurch floss sehr viel Geld in die wenigen soliden Anleihen von europäischen Staaten mit Spitzenbonitätsnoten.
Verlierer sind die Kleinanleger
Verlierer dieser Niedrigzinspolitik der EZB sind die privaten Sparer, die sich mit sehr geringen Zinsen abfinden müssen. Seit Beginn des Jahres sind die Zinsen für Tagesgeld, die der Leitzinsentwicklung in der Regel folgen, um etwa 20 % gesunken, wobei diese laut FMH-Finanzberatung momentan bei durchschnittlich 1,38 % liegen und mit einem weiteren Abwärtstrend zu rechnen ist.
Mit derartigen Zinsen können private Sparer den Wert ihres Geldes nicht erhalten, denn unter Berücksichtigung der Kosten, Steuern sowie der Inflationsrate wäre eine Verzinsung von etwa 4 % notwendig.
Dabei rechnen Experten nicht mit einer baldigen Normalisierung des Geldmarkts. Sollte die EZB dem Beispiel Dänemarks folgen und den Zinssatz für Übernachteinlagen weiter senken, werden auch die Renditen weiter sinken.