Wer eine private Krankenversicherung abgeschlossen hat, kann beileibe nicht einfach wieder zur gesetzlichen Kasse (GKV) zurück – nicht einmal dann, wenn seine private Kasse die Police kündigt. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf entschieden (Az: S 8 KR 1061/12). Im vorliegenden Fall war ein Mann (Jahrgang 1962) in den frühen 2000er Jahren als Angestellter von der GKV in die PKV gewechselt, als sein Einkommen die Versicherungspflichtgrenze überschritten hatte. Doch die PKV-Gesellschaft kündigte zwei Jahre später die Police wegen arglistiger Täuschung: Der Mann hatte bei den obligatorischen Gesundheitsfragen, die jedem PKV-Abschluss vorausgehen, falsche Angaben gemacht. Anschließend misslang ihm die Rückkehr in die GKV, die er daher verklagte und vor dem SG Düsseldorf unterlag.
Ausgangslage vor Gericht
Der Kläger hatte argumentiert, die gesetzliche Kasse müsse ihn aus mehreren Gründen zurücknehmen:
Da sein privater Krankenversicherungsvertrag rückwirkend gekündigt worden war, sei er nie privat krankenversichert gewesen, es stünde ihm daher per Gesetz die Rückkehr in die GKV zu.
Er habe sich nicht schuldhaft verhalten, vielmehr habe sein Makler die falschen Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht.
Diesen Argumenten war die gesetzliche Kasse nicht gefolgt, woraufhin der Versicherungsnehmer vor das Sozialgericht zog. Dieses folgte seinem Antrag nicht: Nach Auffassung der Richter hatte das private Krankenversicherungsverhältnis sehr wohl bestanden beziehungsweise der Mann sei dem PKV-System nach seinem Erstantrag zumindest zuzuordnen. Wenn eine PKV einen Vertrag kündigt, besteht für jede andere PKV, mit der dieser Versicherungsnehmer noch nichts zu tun hatte, Kontrahierungszwang: Sie muss ihn zumindest im Basistarif versichern. Das schreibt der Gesetzgeber vor. Eine Ablehnung durch eine andere Gesellschaft ist nur möglich, wenn der Mann mit dieser anderen Gesellschaft auch schon einmal im Streit lag. Bei der Zahl der Gesellschaften (44 größere und noch einige kleine) muss sich also irgendein Vertragspartner finden lassen. Der Kläger wollte jedoch in die gesetzliche Bürger- oder Auffangversicherung nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V zurück, wofür seine vorherigen GKV zuständig gewesen wäre. Diese lehnte ihn mit Verweis auf den Kontrahierungszwang der privaten Gesellschaften ab, was das Gericht ebenso sah.
Zum Verlauf im Einzelnen
Der Kläger war seit 2002 Mitglied der beklagten GKV-Gesellschaft. Nachdem er die Jahresentgeltgrenze überschritten hatte, kündigte er 2010 die Mitgliedschaft und wurde PKV-Mitglied. Die betreffende PKV-Gesellschaft kündigte 2012 den Vertrag wegen arglistiger Täuschung, weil im Aufnahmeantrag vorhandene Vorerkrankungen verschwiegen worden waren, unter anderem ein Schlafapnoe-Syndrom. Nach der Kündigung beantragte der Kläger bei seiner vorherigen GKV-Gesellschaft die Wiederaufnahme nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V, wobei er den Ablauf der vorherigen PKV-Kündigung durch Unterlagen belegte. Die Beklagte widersprach dem Aufnahmeantrag mit der Argumentation, der Kläger sei nunmehr der PKV zuzuordnen. Die GKV-Gesellschaft verwies auf vorliegende Gerichtsentscheidungen, unter anderem von den Landessozialgerichten NRW und Sachsen. In seiner Klageschrift verwies der betroffene Versicherungsnehmer auf die gesetzliche Versicherungspflicht, die weiter bestehe und der von beiden Seiten – Versicherungsnehmer und GKV-Gesellschaft – nachzukommen sei, wenn ein anderer Versicherungsvertrag angefochten werde. Er sei wegen dieser Anfechtung nie privat krankenversichert gewesen. Auch auf die falschen Angaben seines Maklers, die zum Eindruck der arglistigen Täuschung geführt hatten, verwies der Kläger, der damit vor Gericht unterlag.
Entscheidungsgründe des SG Düsseldorf
Das Sozialgericht Düsseldorf hielt die Argumente der beklagten GKV-Gesellschaft für schlüssig. Der Kläger war nach Auffassung der Richter durchaus privat krankenversichert, die Anfechtung des Vertrages durch die PKV ändere daran nichts. Dabei sieht § 142 Absatz 1 BGB durchaus vor, dass ein wegen arglistiger Täuschung rückwirkend angefochtener Vertrag von vornherein als nichtig zu gelten hat. Das beträfe das Zivilrecht, führten die Düsseldorfer Richter in ihrer Urteilsbegründung weiter aus, während im Sinne der Rechtslage und -sprechung zu krankenversicherungsrechtlichen Verhältnissen zu gelten habe, dass der Kläger bis zur Anfechtung seines PKV-Vertrages versichert war. Die wirksame Anfechtung des Vertrages berechtige die betreffende PKV-Gesellschaft nunmehr, den Versicherungsnehmer bei einem Neuantrag abzulehnen. Für die zurückliegenden zwei Jahre habe aber zu gelten, dass dieser ein Mitglied der PKV-Gesellschaft gewesen sei. Zu dieser Rechtsauffassung gibt es mehrere, im Urteil zitierte Entscheidungen anderer Gerichte. Unklar ist dabei, was geschehen wäre, wenn die PKV für den Versicherungsnehmer in den zurückliegenden zwei Jahren seiner Mitgliedschaft medizinische Leistungen übernommen hätte. Bei einer zivilrechtlichen Anfechtung des Vertrages nach § 142 BGB könnte sie die Erstattungen zurückfordern, was wiederum die Frage nach dem Status der Krankenversicherung aufwerfen würde. Diese Frage wurde im Prozess mangels Vorkommnis nicht behandelt. Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass es zu den zitierten Mehrheitsmeinungen vieler deutscher Gerichte, denen das SG Düsseldorf folgte, durchaus auch (mindestens) eine gegenteilige Minderheitenposition durch das SG Berlin-Brandenburg gibt, das in einem ähnlichen Fall gegenteilig entschieden hat. Zur Frage der Täuschung durch den Makler, nicht durch den Versicherungsnehmer entschied das SG Düsseldorf im vorliegenden Urteil nach § 166 Absatz 1 BGB, der besagt, dass so ein Vorfall dem Versicherungsnehmer zuzuordnen ist. Dieser hätte die erforderliche Sorgfalt vor der Übermittlung der Daten und Unterlagen durch seinen Makler an die Versicherung walten lassen müssen.