In der vergangenen Woche hat die SPD auf ihrem Bundesparteitag eine neue Marschrichtung für eine Gesundheitsreform und die Umorganisation der Krankenversicherung beschlossen. Nach einem Wahlsieg in 2013 soll das bisherige System der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen in einer Bürgerversicherung zusammengeführt werden und zusätzlich die Pflegeversicherung integrieren.
Finanzierung der neuen Bürgerversicherung bezieht mehr Beitragszahler ein
Die neue Bürgerversicherung soll für alle Arbeitnehmer, Beamte und Selbständige gelten.Die Leistungen sollen entsprechend der bisherigen Leistungen der Krankenversicherung gestaltet sein. Die SPD will alle genannten Berufsgruppen zur Finanzierung heranziehen und hebt zu diesem Zweck die bisherige Beitragsbemessungsgrenze deutlich an – und zwar auf 60.000,- €. Für die Einkommensgruppen in der Nähe dieser Grenze steigen die Beiträge zur Krankenversicherung durch die Anhebung bis zu 300,- € im Monat an. Von den Mehreinnahmen verspricht sich die SPD eine ausreichende Finanzierung der Bürgerversicherung.
Da erstmals auch Beamte und Selbständige im Falle einer Regierungsübernahme in eine gemeinsame Bürgerversicherung einzahlen werden, sieht die SPD neben der besseren Finanzierung eine gerechtere Verteilungsmöglichkeit der zu erbringenden Leistungen auf die Masse der Versicherten. Die bisherige Form der privaten Krankenversicherung hat aus ihrer Sicht eine Gruppe privilegierter Versicherter erzeugt.
Fachleute sehen einige der beabsichtigten Effekte der Bürgerversicherung skeptisch
Mit der Bürgerversicherung erhofft sich die SPD gegenüber der Kostenexplosion imGesundheitswesen eine gestärkte Verhandlungsposition und damit eine Kostendämpfung. Das kürzlich eingeführte System der Zusatzbeiträge und die nicht mehr paritätische Erbringung der Beiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden rückgängig gemacht und sollen zu gerechterer Lastenverteilung führen.
In der Diskussion befindet sich derzeit, ob sich der beabsichtigte Finanzierungseffekt einstellen wird. Fachleute befürchten, dass der demographische Verlauf der Altersstruktur der Beitragszahler das Vorhaben torpediert. Die Bürgerversicherung ist nach ihrer Argumentation rein umlagefinanziert und verfügt daher über keinerlei Puffer. Eine kapitalgedeckte Variante wie etwa bei der privaten Altersvorsorge nach Rürup oder Riester halten die Skeptiker im Falle einer Bürgerversicherung für einen besseren Weg.