Gesetzliche Krankenkassen werden künftig wie alle Wirtschaftsunternehmen vom Kartellamt überwacht. Das hat der Bundestag vorwiegend mit den Stimmen der Koalition beschlossen, um die Macht einzelner Krankenkassen zu beschränken.
Das Vorhaben stößt keineswegs auf uneingeschränkte Zustimmung, die AOK beispielsweise wandte sich strikt dagegen.
Fusionskontrolle von Krankenkassen
Das Kartellamt soll vorwiegend die Fusionen von Krankenkassen überwachen, durch die manche Branchenriesen wie die AOK überhaupt erst entstanden sind. Diese gab es schon 1884 unmittelbar nach der Einführung der deutschen Sozialgesetzgebung durch Bismarck. Anfangs existierten 8.200 AOKs, von denen heute noch 11 rechtlich selbstständig sind.
Dass beim Zusammenschluss von Krankenkassen größere Gebilde mit mehr Macht am Markt entstehen, ist völlig einleuchtend, in der Wirtschaft funktioniert das nicht anders. Wie dort sollen nun auch die Krankenkassen durch das Kartellamt überwacht werden, um für mehr Wettbewerbzu sorgen. Das Bundeskabinett wird dafür das Wettbewerbsrecht ändern.
Derzeit existieren noch 150 gesetzliche Krankenkassen, für die es künftig ein Kartellverbot und eine Missbrauchsaufsicht geben wird. Das berührt unmittelbar das Verhältnis der Krankenkassen untereinander, denn die Unternehmen mit mehr Mitgliedern erhalten bei Zusammenschlüssen unmittelbar mehr Macht bei der Gestaltung der künftigen Grundsätze von Fusionspartnern.
Doch auch bei Kooperationen wirkt sich die Größe von Krankenkassen aus, zwangsläufig hat die mitgliederstärkere Kasse mehr Macht bei der Festlegung von Arbeitsrichtlinien.
Kartellamt kann Absprachen überwachen
Ein sehr wesentlicher Vorzug des neuen Wettbewerbsrechts könnte darin bestehen, dassAbsprachen zum Beispiel über Zusatzbeiträge künftig nicht mehr möglich wären. Niemand kann freilich genau wissen, ob es solche Absprachen je gegeben hat, die Kontrolle durch das Kartellamt erscheint allerdings Fachleuten als der sicherste Kontrollweg.
FDP-Politiker wie der Vize der Bundestagsfraktion Martin Lindner finden die Regelung wohlbegründet, denn auch in sozial ausgerichteten Unternehmen könne es Preisabsprachen geben. Wirklich sozial sei hingegen ein gesunder Wettbewerb. SPD-Politiker kontern, man könne die Unternehmen der GKV keinesfalls mit der übrigen Wirtschaft gleichstellen, während Politiker der Union darauf verweisen, dass die Kooperation zwischen den Kassen auch weiterhin möglich sei.
Der schärfste Widerstand kommt wohl von der AOK. Vorstandschef Jürgen Graalmann sagte, dasGesundheitswesen sei keinesfalls mit dem Kartellrecht zusammenzubringen. Vielmehr sei die Kooperation der AOK mit anderen Kassen dringend erforderlich, um gravierende Gesundheitsprobleme wie die Zunahme von Demenz oder Krebs gemeinsam zu bekämpfen.
Neben der AOK hatten sich auch andere große Kassen gegen eine Kontrolle durch das Kartellamt gewehrt und beispielsweise gegen einen kartellrechtlichen Eingriff noch 2010 geklagt und vor dem Landessozialgericht Hessen gewonnen. Nach dem neuen Gesetz dürfte das nicht mehr gelingen.