Die deutschen Bürger stehen dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA kritisch gegenüber – was ein Problem sein könnte, da Deutschland aufgrund seiner Handelsstärke eine mächtige Position einnimmt. Obwohl TTIP vor allem das Wachstum anregen soll, löst es in Europa Sorgen aus. Eine zeitnahe Einigung scheint nahezu ausgeschlossen zu sein.
Die seit kurzen ins Amt berufene EU-Handelskommissarin Schwedin Cecilia Malmström prognostizierte bei einem ihrer ersten Brüsseler Auftritte, die TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) werde den ganzen Kontinent wettbewerbsfähiger machen, so Spiegel Online. „Die Herausforderungen, denen sich Europa heute stellen muss, sind ernst. Und TTIP ist eine ernsthafte Antwort auf diese Herausforderungen“.
Mit ihm als Präsident wird das nichts mehr
Ob diese ernsthafte Antwort allerdings in naher Zukunft folgen soll, ist zweifelhaft. Ein hochdekorierter US-Handelsexperte sagte Spiegel Online: „Nach dem TTIP-Zeitplan soll bis Ende 2015 ein Verhandlungsergebnis vorliegen. Dies heißt aber effektiv, dass der US-Kongress auf keinen Fall im Wahljahr 2016 darüber abstimmen wird. Die Verhandlungen gehen so langsam voran, dass das Abkommen in Barack Obamas Antszeit so gut wie sicher nicht mehr umgesetzt werden wird. Mit ihm als Präsident wird das nichts mehr“.
Der Präsident der USA, Barack Obama, ist momentan eifrig dabei, das transpazifische Freihandelsabkommen (TTP) mit einer Vielzahl asiatischer Staaten zu besiegeln. Dies scheint aufgrund starken Zuspruchs von allen Parteien noch innerhalb seiner Amtszeit umsetzbar. Anfang 2017 muss der Demokrat das Weiße Haus und somit seine Position räumen.
„TTP genießt bei der US-Regierung Priorität, schon weil das Abkommen kurz vor dem Abschluss steht“, so der Experte. Desweiteren seien die Diskrepanzen leicht zu beseitigen, da eine Angleichung der Standards nicht im Zentrum der Anstrengungen lägen sowie der geopolitische Nutzen klar ersichtlich sei – TTP soll als Konter zu Chinas kontinuierlichem wirtschaftlichen Aufstieg dienen. Entsprechend energisch engagiert sich Obama für das Abkommen.
„Wenn jemand den Verhandlungsprozess beschleunigen könnte, dann Deutschland“
Diese Deutlichkeit vermissen die Unterhändler bei TTIP: „Mit TTP könnte es zeitlich noch klappen, mit TTIP aber nicht mehr“, so der Experte aus Washington. Und das trotz der Tatsache, dass die den Freihandel unterstützenden Republikaner kürzlich einen deutlichen Wahlsieg einstreichen konnten.
„Eine Einigung auf die wichtigsten Punkte ist für TTIP bis Ende 2015 machbar“, lässt sich Europäische Kommission zwar verlauten, jedoch wolle man auf politische Zeitpläne keine Wetten mehr abschließen. „Wenn jemand den Verhandlungsprozess noch beschleunigen könnte, dann Deutschland als industriestärkstes EU-Mitgliedsland, das von einer Einigung am meisten profitieren würde“, ließ sich ein Beamter zitieren.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte in diesem Sinne vor einer drohenden Bedeutungslosigkeit Deutschlands in gesamtwirtschaftlicher Sicht und betonte: „Wir sollten alles daran setzen, als Europäer nicht abgehängt zu werden.“ Beim G20-Gipfel in Brisbane warb sie deshalb stark für das Abkommen.
TTIP: ein Höchstmaß an Transparenz, das deutsche Bürger dennoch nicht überzeugt
Aus diesem Grund müsse das Abkommen erfolgreich verhandelt werden, so die Kanzlerin. Dies solle mit einem Höchstmaß an Transparenz geschehen und mit großer Rücksicht auf die Sorgen der Bürger. „Aber wir sollten zügig und entschieden verhandeln und noch einmal bekräftigen, dass wir dieses TTIP wollen!“.
In Deutschland selbst allerdings betrachten die Bürger das gelobte Abkommen mit großer Skepsis. Die Befürchtung der Umweltaktivisten ist, dass bisher verbindliche Standards der EU innerhalb der Verhandlungen gesenkt werden könnten, beispielsweise bei hormonbehandeltem Fleisch aus den USA oder genetisch manipulierten Lebensmitteln wie Mais. Darüber hinaus sind auch spezielle Schiedsgerichte im Mittelpunkt der Kritik, da man befürchtet, diese können primär dem Schutz der Investoren dienlich sein.
Der Einfluss dieser Schiedsgerichte könnte zwar seitens der EU-Kommission beschränkt werden, allerdings ist das Misstrauen besonders in der deutschen Bevölkerung groß. „Und weil Deutschland als Europas wichtigste Volkswirtschaft und eine der weltweit führenden Exportnationen eine ganz besondere Stellung einnimmt, kann die ablehnende Haltung dort das Abkommen ernsthaft gefährden“, so Peter Sparding aus den Reihen der nordamerikanischen Ideenschmiede German Marshall Fund in Brüssel