Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nutzen Seidenfäden der in Tansania beheimateten Goldenen Radnetzspinne, um künstliche Haut zu züchten.
Um die Spinnenseide zu erhalten „melken“ die Forscher die Tiere regelmäßig: Aus dem Hinterteil einer Spinne können sie mit eigens für diesen Zweck entwickelten Kurbelmaschinen einen bis zu 400 Meter langen Seidenfaden ziehen. Diese Spinnenseide wird auf einen Edelstahlrahmen aufgespult, wobei sich eine Fläche aus kleinen Maschen ergibt. Trägt man auf die Spinnenseide dann Hautzellen auf und führt diesen Luft, Wärme und Nährstoffe zu, wachsen sie zu zwei aufeinanderliegenden gewebeähnlichen Hautschichten heran.
Künstliche Haut dank Spinnenseide
Spinnenseide werde vom menschlichen Körper nicht abgestoßen, sie sei zudem dehnbar und sehr belastbar, heißt es an der MHH. Ob durch Spinnenseide zukünftig Personen mit chronischen Wunden geholfen sowie Verbrennungs- und Unfallopfern eineHauttransplantation ermöglicht werden könne, müsse die weitere Forschung zeigen.
Künstliche Haut, die mit Hilfe von Spinnenseide hergestellt wurde, findet bereits in der Kosmetikindustrie Anwendung. Auf diese Weise lassen sich Produkte auf ihre Hautverträglichkeit testen, ohne Tierversuche zu erfordern.
Regeneration des Sehnervs mit Hilfe von Seidenfäden
Die Hoffnung für Blinde beruht darauf mit Hilfe von Spinnenseide das Wachstum beschädigter Nervenzellen anzuregen und dadurch den Sehnerv regenerieren zu können.
„Um Nervenzellen des Zentralen Nervensystems zum regenerativen Wachstum zu bewegen, brauchen wir Biomaterialien, die für die verletzten Nervenzellen eine Art Gerüst bilden, an denen sie entlang wachsen können“, so Thomas Claudepierre, Forscher der Universitätsaugenklinik Leipzig. Eben dies scheinen die Seidenfasern zu leisten.
Um in ausreichender Menge zur Verfügung zu stehen, müsste die Spinnenseide jedoch synthetisch hergestellt werden. Ein internationales Forscherteam erzielte hierbei einen entscheidenden Fortschritt: die Entwicklung elektrisch gesponnener Seidenfäden.
Erweist sich der Einsatz dieser Seidenfäden bei der Regeneration von Nervenzellen im Tierversuch als erfolgreich, könnten sie zukünftig bei Blinden zum Einsatz kommen, die ihr Augenlicht durch einen Unfall verloren haben, bei dem der Sehnerv durchtrennt wurde. Bisher war es nicht möglich diese Blinden zu heilen, da der Sehnerv, der die visuellen Reize vom Auge ins Gehirn leitet, nicht in der Lage ist sich selbst zu erneuern.