Die Pflegeversicherung in Deutschland soll reformiert werden – das ist eines der großen Anliegen der Großen Koalition aus SPD und Union. Knackpunkt: Begriff der Pflegebedürftigkeit. Bisher kann die Pflegeversicherung noch nicht jedem Bedürftigen wirklich helfen und weist große Lücken auf.
Bislang: deutliche Defizite bei der Pflegeversicherung
Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen prüfen bislang, welche Aufgaben die Pfleger im Sinne der Bedürftigen verrichten sollen: Ernährung, Körperpflege, Mobilität. Dennoch gehen heute immernoch 250.000 Demenzkranke leer aus. Viele Menschen mit psychischen Problemen, Wahrnehmungs-Schwierigkeiten oder mangelnden Fähigkeiten, den Alltag zu meistern, werden nicht in eine der drei Pflegestufen eingruppiert. Allerdings können im Alltag eingeschränkte oder demenzkranke Menschen durchaus (finanzielle) Betreuung durch die Pflegekasse erhalten. Diese werden von einer anerkannten Person direkt abgerechnet.
Ein weiteres Defizit der bisherigen Regelungen ist, dass Pflegestufen derzeit noch von Minuten abhängig gemacht werden – Pflegestufe I beispielsweise, die eine finanzielle Unterschützung von 450 € monatlich für den Pflegedienst bietet, wird durch 46 Minuten (Grund-)Pflege pro Tag definiert. Doch diese „Minuten-Pflege“, die Haushaltshilfe, Waschen, Zahnpflege, Treppensteigen, Essen und Kleidung-Wechseln umfasst, soll künftig sogenannten ganzheitlichen Kriterien weichen.
Ganzheitliche Kriterien?
Die bisher drei Pflegestufen sollen in Zukunft auf fünf Pflegestufen ausgeweitet werden, zudem soll anhand von acht Bereichen gemessen werden, welche Aufgaben und Situationen Betroffene noch meisten können. Zu diesen acht Bereichen zählen neben Mobilität und geistigen Fähigkeiten auch Kriterien wie die Selbstversorgung, die selbständige und gewissenhafte Einnahme von Medikamenten und das Pflegen sozialer Kontakte.
Wie werden Bedürftige nun beurteilt?
Noch im Jahr 2012 wurden über das Jahr hinweg mehr als 830.000 Menschen erstmals untersucht, Gutachter des Medizinischen Diensts beantragten bei etwa 640.000 weiteren eine erneute Prüfung und gegebenenfalls Höherstufung der Pflegestufe. Etwa 110.000 wurden nach einem Widerspruch erneut untersucht. Etwa 50% der Untersuchten erhielten die Pflegestufe I, etwa 14% die Pflegestufe II und 3% die Pflegestufe III.
Geplant sind im Rahmen der Pflegereform nun zwei weitere Untersuchungen. Die Pflege von rund 2.000 Menschen in etwa 40 Pflegeheimen soll analysiert werden, um mögliche Leistungserhöhungen in der Zukunft abschätzen zu können. Schlechtergestellt werden soll allerdings niemand. Die Analyse soll bisherige und neue Verfahren prüfen und so Schwachstellen und Defizite lokalisieren.
Bis 2017 soll die neue Pflegereform greifen
Bis 2017 soll das neue Verfahren fertig entwickelt sein, so CDU-Minister Hermann Gröhe. Das werde etwa 2,4 Milliarden Euro mehr pro Jahr kosten, das Geld soll aus der Pflegekasse kommen – deren Pflegebeitrag um 0,2 Punkte angehoben werden wird.
Bis 2015 sollen ausgezahlte Beträge allerdings schon an die Preisentwicklung angeglichen werden, zudem sollen mehr Betreuung und schneller bewilligte Leistungen angeboten werden. Außerdem möchte man einen Fonds für den steigenden Bedarf anlegen und der Beitragssatz solle um 0,3 Punkte steigen.
Fraglich ist nur, ob die Finanzierung bei 2,4 Milliarden Euro bleiben wird. Experten gehen von wahrscheinlicheren 4 Milliarden Euro aus, zudem sei auch die prognostizierte Lücke von bis zu 500.000 Vollzeitstellen für die (Langzeit-)Pflege in den kommenden 20 Jahren problematisch, so auch Spiegel Online.