Nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar fordern viele Krankenkassen ihre Patienten ohne rechtliche Grundlage zur Ausfüllung von Fragebögen auf, in denen diese zu intimen Angaben zu ihrem Privatleben genötigt werden. Dies soll insbesondere dann geschehen, alsbald die betroffenen Patienten von den jeweiligen Krankenkassen Krankengeld bekommen sollen, weil sie zuvor als arbeitsunfähig eingestuft wurden.
In einem Interview, das er dem Radiosender NDR gab, verdeutlichte Schaar seinen Standpunkt: ‘Da wird bewusst versucht, die Datenschutzmechanismen, die wir haben, auszuhebeln. Wir haben eine Reihe von Beschwerden vorliegen, die sich gegen verschiedene Kassen richten.’
Nicht alle privaten Daten fallen unter die Melde- und Anzeigepflicht
Schaar befasst sich gezielt mit Vorfällen, bei denen Patienten nach sehr privaten Dingen befragtwurden, die weit über die wirklich wichtigen Fakten, die in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit und der damit verbundenen Zahlung von Krankengeld eigentlich ausreichen würden, hinausgingen: ‘Was die Kasse abfragen darf, sind die harten Fakten: Liegt Arbeitsunfähigkeit vor? Wie lange liegt sie vor? Ist abzusehen, wann sie beendet ist?’.
Stattdessen wurden in den Fragebögen der Krankenkassen häufig Fragen nach dem familiären Umfelddes Patienten, dessen Medikamentenkonsum und sogar nach eventuellen Plänen für einen baldigenUrlaub sowie dessen Draht zum Chef gestellt.
Krankenkassen verweisen auf Ermittelung eines ersten Eindrucks
Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen vertreten einen ganz anderen Standpunkt und weisen Vorwürfe der Verletzung der Datenschutzrichtlinien zurück. Die Fragebögen sollen den Krankenkassen lediglich dazu dienen, sich einen ‘ersten, möglichst objektiven Eindruck der Situation’zu verschaffen, um so zu ermitteln, welche Umstände zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben.
Darüber hinaus sehen sie sich im Recht und geben vor, gewisse Sozialdaten einfordern und speichern zu dürfen, um auf Grundlage dieser über die letztendliche Auszahlung des Krankengeldes zu bestimmen. Zudem berufen sich einige Krankenkassen auf die Verwendung von standardisierten Fragebögen, die zuvor vom Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) abgesprochen worden sei.
Das Bundesversicherungsamt hingegen vertritt die Meinung, dass einzig der MDK und nicht die Krankenkassen soziale Daten von Patienten erfassen dürfen. Sollten die Krankenkassen daher nicht mit der Zahlung von Krankengeld einverstanden sein, müssten sie sich zunächst an diesen richten.