Die großen Stromversorger haben steigende Strompreise angekündigt und schieben die Verteuerung auf die Energiewende und den Staat. Doch dies entspricht nicht der ganzen Wahrheit.
Der Strompreis könnte aufgrund der in Deutschland vorangetriebenen Energiewende bald kräftig steigen. Davor warnen Versorger wie RWE und Vattenfall, die vor allem auf den langwierigen Übergang zu erneuerbaren Energien verweisen.
Der Bundesverband Windenergie hingegen bezweifelt die Rechnung der Versorger und verweist auf die Kosten für konventionelle Energie, die nicht auf der Stromrechnung zu erkennen seien. Die Energiewende müsse folglich wie geplant erfolgen.
Strompreis könnte um 30 % steigen
Glaubt man den Versorgern, könnte der Strompreis um ein fast Drittel steigen. Das behauptete jedenfalls Vattenfall-Europachef Tuomo Hatakka gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Die Verzögerungen bei Großprojekten würden diesen Schluss nahelegen, beispielsweise der schleppende Netzanschluss der Offshore-Windparks. Für das kommende Jahrzehnt rechne man mit Kosten von 150 Milliarden Euro durch die Energiewende, die auf den Strompreis umgelegt werden müssten.
Vattenfall versucht nach Expertenmeinung mit solchen Statements künftig steigende Strompreise der Verantwortung des Staates anzulasten, während Verbraucherschützer schon seit Jahren den großen Versorgern Preistreiberei vorwerfen. In jüngster Zeit wurden erneut Vorwürfe laut, die Energiekonzerne hätten sinkende Strompreise an der Leipziger Strombörse nicht an die Verbraucher weitergegeben. Bei Kostensteigerungen für Energie würden dies die Stromkunden jedoch stets auf ihrer Rechnung spüren.
Die Argumente der mangelnden Preissenkungen für Energie trotz gesunkener Börsenpreise konterten die Versorger mit dem Argument, sie würden auf Jahre im Voraus kalkulieren; daher seien kurzfristige Schwankungen nicht ohne Weiteres einzupreisen. Gegenwärtig kostet Strom rund 50,- € pro Megawattstunde, das ist beinahe der tiefste Stand der letzten zwei Jahre.
Verantwortung für Strompreise beim Staat
RWE-Chef Peter Terium weist dem Staat eine hohe Verantwortung für die Strompreise zu: Die Abgaben auf Energie würden permanent steigen, während die Energieversorger bemüht seien, durch Kostensenkungen die staatliche Preistreiberei aufzufangen. Bund, Länder und Kommunen kassieren für Öko- und Energiesteuer, Mehrwertsteuer und Netzentgelte knapp die Hälfte der Stromentgelte. Die gesetzlich vorgeschriebenen Netzentgelte machen noch einmal rund ein Drittel des Strompreises aus. Die Versorger hätten demnach nur ein Viertel des Preises zu verantworten.
Unabhängig von dieser Diskussion und dem Hin- und-Herschieben eines „Schwarzen Peters“ dürfte die Energiewende effektiv höhere Strompreise verursachen. Allein die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom wird wohl von derzeit 3,5 auf 5 Cent pro Kilowattstunde steigen. Diese Lasten werden hauptsächlich private Verbraucher tragen, denn große Bereiche im industriellen Bereich werden von der Abgabe verschont, um ihre Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Maßstab nicht zu gefährden.