Schäden, die aufgrund einer Gefälligkeit entstanden sind, können Freundschaften sehr auf die Probe stellen. Die private Haftpflichtversicherung hilft bei solchen Zwischenfällen – allerdings nicht unbegrenzt.
Gute Nachbarschaft und schlechter Schaden
Das gute Gefühl, dass ein Nachbar während der eigenen Abwesenheit nach dem Rechten in der Wohnung sieht, schätzt jeder Mensch. Von der Betreuung der Katze über das Lüften der Wohnung, das Herausnehmen der Post und das Gießen der Blumen sind einige Dinge zu erledigen, ohne die niemand unbeschwert verreisen kann. Der Nachbar macht das natürlich umsonst, man wird sich bei Gelegenheit auf dieselbe Weise revanchieren. Die Versicherungswirtschaft grenzt diese Art der unentgeltlichen Hilfsleistung juristisch und finanztechnisch als “Gefälligkeitsdienst” ein. Sollte dem Nachbarn in der ihm fremden Wohnung ein Malheur passieren, so ist das für den Versicherer folglich ein “Gefälligkeitsschaden”. Für diesen muss jemand aufkommen, denn bei Geld hören Freundschaft und gute Nachbarschaft auf.
Absicherung gegen den Gefälligkeitsschaden
Zunächst einmal ist die Haftpflichtversicherung des Verursachers für den Schaden zuständig und wird ihn in der Regel auch regulieren, wenn kein Missbrauch vorliegt (siehe weiter unten). Über eine Haftpflichtversicherung zu verfügen ist daher die eigentliche Voraussetzung, um Gefälligkeiten unbekümmert leisten zu können. Die Versicherung übernimmt bei Fahrlässigkeit die Kosten, nur nicht bei Vorsatz. Auch grobe Fahrlässigkeit wird toleriert. Jedoch kann sogar die Haftpflichtversicherung des Geschädigten einspringen, also so leisten, als hätte der Wohnungsbesitzer selbst den Schaden verursacht. Der Hintergrund ergibt sich aus dem sogenannten stillschweigenden Haftungsausschluss: Der Geschädigte schließt per se einen unentgeltlichen Helfer von der Haftung aus, was seine Versicherung durchaus akzeptiert. Schließlich soll der Helfer nicht für seine Gutmütigkeit bestraft werden. Für diese Regelung muss allerdings eine sachliche Voraussetzung gegeben sein. Diese könnte darin bestehen, dass der Helfer nicht sehen konnte, wie unsicher das teure Porzellan seines Nachbarn abgestellt ist. Er stößt nachvollziehbar versehentlich dagegen, die Versicherung des eigentlichen Verursachers springt ein. Auf Nummer sicher gehen freilich Helfer, die selbst versichert sind. Bei der Wahl einer Haftpflichtpolice ist darauf zu achten, dass Gefälligkeitsschäden trotz einer generellen Policenabsicherung von fünf, zehn oder 20 Millionen Euro nicht automatisch auch in dieser Höhe abgesichert sind, sondern vielfach auf eine wesentlich niedrigere Summe begrenzt werden, zum Beispiel auf 5.000 Euro. Dafür sinkt die Selbstbeteiligung meistens auf Peanuts oder auch auf null. Einige Versicherer machen auch Ausnahmen und versichern Gefälligkeitsschäden wesentlich höher, sodass auch ein Wasser- oder Brandschaden enthalten wäre. Diese Unterschiede müssen Versicherungsnehmer beachten.
Gefälligkeitsschaden aus juristischer Sicht
Der Gefälligkeitsschaden gehört juristisch zum Privatversicherungsrecht. Er entspringt der Gefälligkeitshandlung wie beschrieben, kann über die Haftpflichtversicherung reguliert werden, wird aber von den Versicherern kritisch beäugt und genau untersucht – das Missbrauchspotenzial ist hoch. Das Thema ist komplex, denn wenn es zum Rechtsstreit zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer kommt, hat Letzterer vor Gericht in der Regel die besseren Karten. Die Gerichte tendieren dazu, nicht nur deshalb den Missbrauch zu unterstellen, weil sich die beiden am Vorfall Beteiligten gut kennen und sogar eine Gefälligkeit geleistet wurde. Daher haben die Versicherer die Beweislast dafür zu tragen, dass wirklich ein Missbrauch stattgefunden hat, also nicht etwa der Nachbar aufgrund seiner Gefälligkeit in Abwesenheit der beiden Wohnungsinhaber – eines Ehepaares in den besten Jahren – das teure Porzellan versehentlich zerdeppert hat, sondern dass in Wahrheit die Ehefrau vorsätzlich aus Wut über ihren Gatten die guten Stücke gegen die Wand warf. Wenn es so war, kommen die erregten Leute, wenn sie sich abgekühlt haben, manchmal auf die Idee, den lieben Nachbarn in eine Pseudogeschichte zu involvieren, um sich das Meißner Porzellan ersetzen zu lassen, das aus lauter Erbstücken bestand, wie die schuldige Ehefrau schluchzt. Die cleveren Schadensgutachter der Versicherung können sich freilich ihren Reim machen, müssen jedoch einen Nachweis dafür erbringen – sonst haben sie vor Gericht ganz schlechte Karten. Das liegt auch am diffusen juristischen Begriff der “Gefälligkeit”.
Was ist eigentlich eine “Gefälligkeit”?
Das ist in der Rechtswissenschaft umstritten. Es gibt drei Arten von Gefälligkeiten, Gefälligkeitsverträge, -verhältnisse im engeren Sinne und Gefälligkeiten im Geschäftsverkehr. Ihnen ist gemeinsam, dass sich derjenige, der den Gefallen leistet, sowohl zur Erfüllung als auch zur Sorgfalt verpflichtet, ohne ein Entgelt zu verlangen. Es entstünde also ein Schaden aus Fahrlässigkeit, wenn der Nachbar vergisst, den Briefkasten zu leeren, in welchem aber ein Einschreiben vom Gerichtsvollzieher angekommen ist, über das er seinen urlaubenden Nachbarn hätte informieren müssen. Es entsteht in der Folge ein Vermögensschaden, denn der urlaubshungrige Nachbar hatte den Braten zwar gerochen, sich aber dennoch nach Mallorca abgesetzt. Nur schließt das Gefälligkeitsrecht unter anderem den Vermögensschutz nach § 823 BGB weitgehend aus. Solche Spitzfindigkeiten gibt es noch mehr, weshalb es nicht selbstverständlich ist, dass ein Versicherer solche Schäden abdeckt. Es lohnt sich aber für die Kunden, nach so einem Unternehmen zu suchen.