Erneut stehen die gesetzlichen Krankenkassen wegen eines Informationschaos in der Kritik. Dieses Mal geht es um fragwürdige Fragebögen, die die Krankenkassen an Patienten verschicken, sobald ihnen Krankengeld bewilligt wird. Nun schaltet sich der Bundesdatenschutzbeauftragte in die Debatte ein.
Umstrittene Fragebögen: Was Krankenkassen (nicht) wissen dürfen
Erkrankt ein Arbeitnehmer, sodass er seiner Beschäftigung kurzfristig nicht mehr nachgehen kann, ist sein Arbeitgeber verpflichtet, ihm im Rahmen der Arbeitsentgeltfortzahlung seinen Arbeitslohn trotzdem weiterzuzahlen. Nach sechs Wochen geht die Pflicht von dem Arbeitgeber auf die Gesetzliche Krankenversicherung, deren Mitglied der Patient ist, über, die dann Krankengeld als Lohnersatz zahlt.
Nun ist bekannt geworden, dass einige Krankenkassen trotz der fragilen Rechtslage ihren Versicherten umfangreiche Fragebögen zuschickten, sobald ihnen Krankengeld zugesprochen wurde. Das Pikante daran ist, dass nach Informationen gefragt wird, die in keinem Zusammenhang mit dem Krankengeld des Beziehers stehen. Gefragt wurde laut einem Bericht des NDR unter anderem nach dem Verhältnis des Patienten zu seinem Arbeitgeber sowie sonstigen ‘familiären Umständen’.
Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, hält dieses Vorgehen für rechtswidrig. Seine Behörde ermittele bereits in mehreren Fällen gegen die betroffenen Krankenkassen, ob datenschutzrechtliche Bestimmungen missachtet wurden.
Kritik vom Bundesversicherungsamt: Ermittlungen sind nicht Sache der Krankenkassen
Der Spitzenverband der deutschen Krankenkassen verteidigt die Praxis einiger Versicherer mit dem Argument, man wolle sich nur einen ersten Eindruck über die Umstände verschaffen, die zur Bewilligung von Krankengeld führten. Dem widerspricht aber das Bundesversicherungsamt, eine Aufsichtsbehörde diverser gesetzlicher Krankenversicherer.
Dem NDR sagte die Behörde, die einzelnen Krankenkassen haben überhaupt gar nicht die Kompetenz, eigene Ermittlung einzuleiten. Dies falle in den Zuständigkeitsbereich des medizinischen Dienstes. Auch Schaar erklärte dem NDR gegenüber, Ermittlungen durch Krankenkassen seien tabu. Nur in einem konkreten Verdachtsfall dürfen auch Krankenkassen ausnahmsweise Fragebögen an Patienten verschicken.
Allerdings dürfe dies nicht dazu führen, dass Krankenkassen grundlegende Bestimmungen des Datenschutzes mit ihrem Verhalten unterminieren würden, warnte Schaar.