Die Finanztransaktionssteuer soll nun nach britischem Vorbild eingeführt werden, um eine Zustimmung aller EU-Länder wahrscheinlicher zu machen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plant weiterhin die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf Börsengeschäfte, deren Einführung einerseits Milliarden in die Kassen spülen, andererseits auch ungezügelte Spekulationen eindämmen soll. Die Diskussionen um eine europaweit einheitliche Finanztransaktionssteuer waren zuletzt versandet, im Zuge der Debatte um eine Ausweitung des ESM wurden sie wieder aufgenommen.
Finanztransaktionssteuer als Verhandlungsmasse?
Es sieht so aus, als ob Schäuble die Finanztransaktionssteuer in ein Verhandlungspaket einbringen möchte, bei dem es eigentlich um den Euro-Rettungsschirm geht. Am 30. März 2012 wurde darüber im Bundestag debattiert, der ESM könnte auf 750 Milliarden Euro ausgeweitet werden – mit entsprechend höherer Haftung der Bundesrepublik. In diesem Zusammenhang wurde gleichzeitig über die Finanztransaktionssteuer beraten. Die Opposition könnte deren Einführung zur Bedingung für die Zustimmung zum erweiterten ESM machen.
Da es hiergegen weiterhin europäische Widerstände gibt, plant Schäuble nun eine neue Variante. Die Finanztransaktionssteuer soll sich enger am britischen Vorbild orientieren, wo es die Börsenumsatzsteuer schon länger gibt. Damit wäre ein wichtiger europäischer Partner mit im Boot. Dass die Einführung der Finanztransaktionssteuer an den Briten und den Niederländern scheitern könnte, hatte zuletzt EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta zurückgewiesen.
Schäuble will einheitliche europäische Lösung
Wolfgang Schäuble will den europäischen Ressortkollegen in sehr naher Zukunft einen Vorschlag für die Finanztransaktionssteuer vorlegen, mit dem alle 27 Länder der EU leben können. Anders kann die Einführung der Steuer nicht gelingen. Dieser Vorschlag lehnt sich an die britische Börsenumsatzsteuer an oder kommt ihr sogar so nahe, dass ein Nein aus London im Prinzip ausgeschlossen wäre. Lediglich in einem Detail weicht Schäuble vom britischen Modell ab: Er will die Finanztransaktionssteuer auch auf die Geschäfte mit Derivaten erheben, was kein kleines Detail ist. Denn mit CFDs, Knock-outs und Optionsscheinen werden schon heute die weitaus meisten Transaktionen durchgeführt – auch wenn die reinen Volumina in Aktien noch höher sind.
Fachleute bezweifeln schon länger die Praktikabilität solch einer Einführung. Moderne Tradingmaschinen führen mit Derivaten pro Sekunde bis zu 10.000 Handelsoperationen durch, die rein technisch wohl kaum zu besteuern sind. Schäuble hatte selbst zuletzt immer wieder Zweifel geäußert, ob die Finanztransaktionssteuer technisch und politisch durchsetzbar sei.