Die von der AOK erhobenen Vorwürfe wiegen schwer: In 30.000 Fällen allein im Juni sollenApotheken Rezepte für Medikamente abgerechnet haben, die sie nicht an die Patienten abgegeben haben. Durch einen Zufall wurde festgestellt, dass bei einem Rezept ein Medikament berechnet wurde, das nachgewiesenermaßen nicht auf dem Markt erhältlich ist.
Die AOK geht davon aus, dass die bisher bekannt gewordenen Zahlen nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges sind. Eine genaue Prüfung über die tatsächliche Anzahl der von den Apotheken falsch abgerechneten Rezepte ist eingeleitet, die Staatsanwaltschaft wird wegen Rezeptbetrugs eingeschaltet.
Patienten müssen sich keine Sorgen machen
Grundsätzlich dürfen Apotheken andere Medikamente abgeben als auf den Rezepten angegeben, wenn deren Wirkstoffe inhaltsgleich sind. Die Rezepte müssen jedoch einen Vermerk erhalten, welche Medikamente von den Apotheken abgegeben wurden. Dies ist einerseits für die von der Pharmaindustrie gewährten Rabatte notwendig, andererseits aber vor allem für die Gesundheit der Patienten. Werden die Rezepte nicht korrigiert, können die Medikamente zum Beispiel bei Verunreinigungen nicht zurückgerufen werden. Dadurch sind gesundheitliche Gefährdungen nicht auszuschließen. Nach bisherigen Erkenntnissen sind allerdings keine Medikamente ausgegeben worden, die den Patienten geschadet hätten.
Apotheken wehren sich
Die Vorwürfe der AOK gegen die Apotheken weist die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zurück. Schuld an der Misere sei die AOK selbst. Sie habeVerträge mit Pharmaproduzenten geschlossen, die nicht liefern könnten, deshalb seienApotheken gezwungen gewesen, auf andere Medikamente auszuweichen. Eine nachlässige Dokumentation der Apotheken auf den Rezepten schließt der Verband allerdings nicht aus, hier müssen die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden.
Pharmaindustrie befürchtet zu hohe Rabattzahlungen
Die Pharmaindustrie zeigte sich von der Meldung betroffen. Die Vorwürfe müssten dringend geprüft werden, da die Pharmaproduzenten möglicherweise durch die falschen Rezepte zu hohe Rabattzahlungen gewährt hätten. Das Bundesgesundheitsministerium sieht derzeit keinen Handlungsbedarf: Es gehe davon aus, dass sich die Apotheken ihrer Verantwortung bewusst seien. Nur staatsanwaltliche Untersuchungen könnten die Vorwürfe klären.