Wenn Kinder krank sind, ist dies medizinisch gesehen immer besonders anspruchsvoll. Wenn es sich auch noch um eine psychische Erkrankung handelt, wird die Situation noch komplizierter; denn psychische Erkrankungen bei Kindern haben viele Erscheinungsformen und werden zunächst häufig nicht als Krankheit wahrgenommen.
Psychisch erkrankte Kinder werden oft falsch verstanden
Kinder mit psychischen Erkrankungen haben nicht automatisch eine Vergangenheit voller Verwahrlosung und Missbrauch. Auch in ganz normalen Familien können Kinder unter Phobien, Essstörungen oder einer Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden. Kinder stehen heute unter einem enormen Leistungsdruck; die Leistungsorientierung wird von den Eltern vorgelebt und auch eingefordert – aus Angst das Kind könne sich durch schlechte Leistungen seine Zukunft verbauen.
Ein vollgepackter Terminkalender mit diversen Freizeitaktivitäten baut noch zusätzlichen Druck auf und lässt Kinder nicht mehr Kinder sein. Oft werden Probleme als Launenhaftigkeit oder Ungezogenheit abgetan und erst erkannt, wenn sie schon bedrohliche Ausmaße angenommen haben.
Kinder mit psychischen Erkrankungen werden häufig medikamentös therapiert
Doch auch wenn das Problem als solches festgestellt wurde, fangen hier die Probleme manchmal erst richtig an. “Die Verordnung von Psychopharmaka an Kinder ist von 2006 bis 2010 um ein Drittel gestiegen”, fand eine Studie der Techniker Krankenkasse heraus. Besonders häufig werden Psychopharmaka bei Fällen von Depressionen oder ADHS eingesetzt.
Zählte die Techniker Krankenkasse 2006 noch rund 20.000 Patienten zwischen 6 und 17 Jahren, die Psychopharmaka gegen ADHS verschrieben bekamen, waren es 2010 bereits 29.000 Kinder. Diese Studien der Techniker Krankenkasse dürften zur Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses beigetragen haben, die Verordnung von Psychopharmaka an Minderjährige in die Hände von Spezialisten zu geben.
Alternative Therapien und Spezialisten dringend benötigt
Es gibt andere Therapien neben den Psychopharmaka, zum Beispiel sozialpädagogische Therapien, Sport- und Ergotherapien, Therapien mit Tieren und viele weitere Ansätze.Doch gibt es zu wenige spezialisierte Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und daher zu wenige Therapieplätze. Es bleibt zu hoffen, dass die Studien der Techniker Krankenkasse die Fachwelt aufgerüttelt hat, weitere Untersuchungen zu dieser Problematik zu beginnen.