In Deutschland steigen derzeit die Tariflöhne deutlich stärker als die Verbraucherpreise. Das geht aus dem Bericht des Statistischen Bundesamtes für das zweite Quartal 2015 zu den Gehaltsabschlüssen der 19 Millionen tarifvertraglich Beschäftigten hervor. Ermittelt wurden die Bruttolöhne, doch auch netto ist ein deutlicher Anstieg bei den Gehältern zu verzeichnen.
Arbeitnehmer profitieren von den Tarifrunden
Die Gewerkschaften konnten in den letzten Tarifrunden Abschlüsse mit einem deutlichen Plus für die Beschäftigten erzielen. Durchschnittlich beläuft sich der Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 3,1 % (Tarifverdienste plus Sonderzahlungen), zum Jahresbeginn waren es noch 2,7 % gewesen, Ende 2014 auch schon 3,0 %. Damit stiegen die Tarifverdienste sechsmal stärker als die Verbraucherpreise, denn diese zogen um zweiten Quartal 2015 nur um 0,5 % an. Die Kaufkraft der Beschäftigten in Deutschland ist damit deutlich gewachsen. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Branchen. Diejenigen Bereiche, die überwiegend den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anwenden, weisen die stärksten Zuwächse auf. Das sind etwa das Gesundheits- und Sozialwesen, wo das Plus 3,7 % betrug. Bei wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen waren es gar 4,0 %. Auch die Privatwirtschaft profitiert deutlich. Finanz- und Versicherungsdienstleister sowie die Metall- und Elektroindustrie freuen sich über 3,4 % Zuwachs, der Steinkohlebergbau über 3,6 %, das Verarbeitende Gewerbe über 3,3 % und die chemische Industrie über 2,8 %. Im Handel fiel die Steigerung mit 1,0 % hingegen deutlich geringer aus. Am schwächsten schnitt das Grundstücks- und Wohnungswesen mit nur 0,6 % ab. Wer wissen will, wie sich Löhne und Gehälter in der eigenen Branche entwickelt haben und was wirklich in der Tasche der Beschäftigten landete, kann hierzu einen Brutto-Netto-Rechner nutzen.
Konsumlaune in Deutschland steigt
Die Lohnsteigerungen bei sehr geringer Inflation befeuern den deutschen Konsum, was sich wiederum günstig auf die Wirtschaft auswirkt. Europas größte Volkswirtschaft konnte daher im zweiten Quartal um 0,4 % stärker wachsen als zum Jahresauftakt. Die Inflation weist eine gegenläufige Entwicklung auf, sie sinkt immer mehr. Im Juli und im August 2015 notierten die Verbraucherpreise gerade noch um 0,2 % höher als in den Vorjahresmonaten. Das teilte das Statistische Bundesamt mit, wobei die Zahlen auf vorläufigen Berechnungen basieren (Stand: 1. September 2015). In einzelnen Wirtschaftszweigen zeigt sich allerdings eine sehr unterschiedliche Entwicklung. Die Mieten beispielsweise steigen trotz der Mietpreisbremse weiter, während sich Kraftfahrer und Heizölnutzer über den sinkenden Ölpreis freuen dürfen. Der Liter E10 ist von 1,45 Euro im Vormonat auf 1,36 gefallen. Die Deutsche Bundesbank hatte zu Beginn des Jahres 2015 in ihrer Halbjahresprognose eine Mini-Inflation für das erste Halbjahr von 0,5 % prognostiziert, dieser Wert wurde nicht erreicht. Die Preise bleiben weitgehend stabil, Ökonomen warnen verhalten vor einer Deflation. Deren Gefahren werden aber überschätzt, wenn sie nicht gravierend ausfällt. Das wiederum erwartet niemand.