7-Punkte-Plan zur Realisierung einer lebenswerten Gesellschaft

In Deutschland vollzieht sich ein demographischer Wandel der größtmöglichen Dimension, er wird Strukturprobleme schaffen, die unsere Gesellschaft stärker verändern werden als die Globalisierung, die digitale Revolution oder die Herausforderungen in der Energiepolitik. Jürgen Rüttgers (CDU) stellt in der Online-Ausgabe des SPIEGEL einen 7-Punkte-Plan zur Bewältigung vor.

Wenig Zeit für den 7-Punkte-Plan

Der 7-Punkte-Plan von Jürgen Rüttgers ist sehr durchdacht, die Zeit drängt jedoch. Die Strukturprobleme in der Gesellschaft, die ein demographischer Wandel der gegenwärtigen Größenordnung verursacht, werden keinesfalls kleiner, sondern wahrscheinlich schon ab 2020 zu akuten Problemen führen.

In 25 Jahren erwarten Experten in Deutschland eine der ältesten Bevölkerungen weltweit, bis dahin müsste der 7-Punkte-Plan gegriffen haben. Ansonsten droht massive Altersarmut, die Pflege wird höchstens eine Grundversorgung leisten können.

Generationenvertrag, Bildung, Mindestrente

Punkt 1: Ein neuer Generationenvertrag muss her, der auch Kinder einschließt, die spätere Renten finanzieren sollen. Ein demographischer Wandel wie der gegenwärtige zwingt heutige Berufstätige, ihre Kinder in die Vorsorge mit einzubeziehen, sonst wird das sich auftuende Strukturproblem die Gesellschaft spalten, wie es Jugendproteste in Spanien und Portugal heute schon beweisen.

Punkt 2: Die Finanzierung der Bildung muss verbessert werden, auch dies eine Konsequenz, die ein demographischer Wandel hin zu weniger Erwerbstätigen erzwingt. Zwar gibt es Kinderzuschläge, Kindergeld und Kinderfreibeträge, doch das führt zu keiner höheren Bildung von heutigen Kindern. Die Leistungen müssen so umgeschichtet werden, dass sich Bildungschancen signifikant erhöhen. Um künftige Strukturprobleme zu bewältigen, bedarf es vor allem gut ausgebildeter junger Menschen.

Punkt 3: Das Problem der Altersarmut ist nicht mehr zu verleugnen, der 7-Punkte-Plan soll vor allem dieses Brandmal einer an sich wohlhabenden Gesellschaft verhindern oder zumindest verkleinern. Altersarmut wird, wenn ein demographischer Wandel wie erwartet einsetzt, keine Randgruppen mehr, sondern breite Teile der Gesellschaft treffen. Daher genügt der Mindestlohn allein nicht mehr, es muss eine Mindestrente beschlossen werden. Diese soll all diejenigen schützen, die lebenslänglich ins Rentensystem eingezahlt haben.

Altersvorsorge, Flexibilität, Antidiskriminierung

Punkt 4: Der 7-Punkte-Plan von Jürgen Rüttgers fokussiert die Altersvorsorge aus verschiedenen Blickwinkeln. Auch die private Vorsorge soll gestärkt werden, ein demographischer Wandel lässt sich anders nicht bewältigen. Ansätze sind die betriebliche Altersvorsorge und die Rürup-Rente für Selbstständige, aber auch eine Koppelung der Renten an die Kinderzahl. Der Staat muss den Menschen über steuerliche Förderung so viel vom Einkommen lassen, dass sie privat vorsorgen können.

Punkt 5: Wir brauchen künftig eine sehr flexible Gesellschaft, besonders der Übergang zwischen Erwerbs- und Rentendasein benötigt große Gestaltungsspielräume. Rüttgers schlägt daher in seinem 7-Punkte-Plan die Abschaffung des Renteneintrittsalters vor. Stattdessen sollen die Menschen über ihre Lebensarbeitszeit freier als bisher entscheiden, was auch Teilrenten und Zuverdienste einschließt. Die Kombi-Rente ist ein richtiger, wenn auch bislang zu schwacher Schritt in diese Richtung. Die Gewerkschaften stimmen in Teilen dieser Idee aus dem 7-Punkte-Plan zu.

Punkt 6: Die Kinderbetreuung muss weiter ausgebaut werden, besonders in den ersten Lebensjahren. Dies trägt dem Fakt von immer mehr alleinerziehenden Eltern Rechnung. Steuerbegünstigungen darf es keinesfalls nur für außerfamiliäre Erziehung geben, dies diskriminiert die Alleinerziehenden.

Punkt 7: Antidiskriminierungsrichtlinien wünscht sich Rüttgers auch für den Umgang mit Senioren, die in Deutschland am meisten von Diskriminierungsansätzen betroffen sind. Aber auch Familien mit Kindern müssen besser geschützt werden.

Der 7-Punkte-Plan scheint durchdacht und wohlbegründet. Rüttgers fordert alle Verantwortlichen auf, sich aktiv einzubringen.